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1931 Liechtenstein schafft Fahrradsteuer und Velonummern ab
Seit 30 Jahren tobt in der Schweiz ein verbissener und teilweise polemischer Kampf um die Gebühren für Fahrräder und damit die Existenzberechtigung der Fahrradkennzeichen. In zwei Jahren wird dieser Streit einen neuen Höhepunkt, mit tiefgreifenden Konsequenzen für die nächsten 27 Jahre, erreichen. Ob zu dieser Zeit die Vorgänge, welche sich in selbem Zusammenhang im Fürstentum Liechtenstein abspielen, in der Schweiz zur Kenntnis genommen werden, wissen wir nicht. Aus heutiger Sicht ist es jedoch überraschend oder gar irritierend, wie einfach und ohne grosses Aufsehen im Fürstentum die Fahrradsteuer und damit auch die Velonummern abgeschafft werden.
An seiner Sitzung vom 3. August 1931 streicht der Landtag des Fürstentums die Steuer auf Fahrräder aus dem Gesetz. Im Ländle benötigt man für diesen aus Schweizer Sicht unglaublichen Schritt vermutlich weniger als 10 Minuten. Denn das gesamte Traktandum findet im Protokoll des Landtags auf weniger als einer einzigen Seite Platz (Seite 8). Kurz: Der liechtensteinische Radfahrerbund stellt das Gesuch um Aufhebung der Steuer – die Gemeinden, welche diese Steuer einnehmen, sind mehrheitlich für die Aufhebung – so die Finanzkommission – ein Abgeordneter begrüsst die Streichung – die Aufhebung ist beschlossene Sache [DOKUMENT].
Als ein Musterbeispiel für effiziente Parlamentsarbeit sei hier das Protokoll dieses Traktandums in voller Länge wiedergegeben:
6.) Aufhebung der Fahrradsteuer.
Regierungschef: Der liechtensteinische Radfahrerbund hat das Gesuch um Aufhebung der Steuer auf Fahrräder eingebracht. Wir haben bei den Gemeinden Erhebungen gepflogen, wie sie sich zur Aufhebung der Fahrradsteuer stellen. Das Ergebnis ist: mehrheitlich für Aufhebung der Fahrradsteuer (Das Ergebnis der Erhebung in jeder Gemeinde wird sodann bekanntgegeben). Die Finanzkommission hat mehrheitlich beschlossen, dem Landtage die Aufhebung der Fahrradsteuer zu beantragen. Wir hätten hierüber grundsätzlich nur den einen Beschluss zu fassen. Wir würden die formelle Erledigung, die Vorlage des Gesetzesentwurfes erst vielleicht in einer späteren Sitzung einbringen. Wir sind daran, die ganze Steuergesetzgebung wieder in einen Guss zu bringen. So wie es heute ist, mit den vielen Nachtragsgesetzen, ist es einem Fernstehenden ziemlich schwer, sich darin auszukennen. Wir werden diese Gelegenheit benützen, um auch die Fahrradsteuer hineinzubringen.
Abgeordneter Ospelt: Ich begrüsse die Eingabe und begrüsse die Streichung dieser Steuer. Es ist das eine Belastung der Arbeiterschaft mit einer Steuer, die man füglich fallen lassen kann, weil sie ohnehin nicht viel einträgt.
Es wird mehrheitlich beschlossen, die Fahrradsteuer aufzuheben.
Dieser Entscheid im Fürstentum Liechtenstein führt dazu, dass ab 1932, nur sieben Jahren nach deren Einführung, keine Velonummern mehr ausgegeben werden. Doch wer glaubt, damit sei dieses Kapitel im Kleinstaat gegessen, irrt. Im Jahr 1945 steigt der fürstliche Velonummern-Phönix nochmals aus der Asche.
Mehr Informationen finden Sie im Schweizer Velonummern Museum: Geschichte der Schweizer Fahrradkennzeichen