1932 BS Polizei muss Banderolen an Velos montieren K

1932 BS Polizei muss Banderolen an Velos montieren

 

Vier Tage vor Inkrafttreten des neuen Strassenverkehrsgesetzes setzt der Kanton Basel-Stadt die «Befreiung der Radfahrer von der Führung eines nummerierten Kontrollschildes» am 28. Dezember 1932 mittels einer Verordnung um. Darin wird geregelt: «Zum Nachweis, dass für Fahrrad und Fahrradanhänger die vorgeschriebene Versicherung besteht, werden diese Fahrzeuge vom Polizeiinspektorat mit unnummerierten Kennzeichen versehen, die alljährlich zu erneuern sind. … Zu diesem Zwecke sind Fahrrad und Fahrradanhänger den Polizeiorganen vorzuführen. … Das Polizeiinspektorat legt ein Verzeichnis der versicherten Radfahrer an.». Die Verordnung tritt auf den 1. Januar 1933 in Kraft.

Diese Formulierung ist äusserst interessant und aufschlussreich, denn sie beinhaltet im ersten Teil eine völlig neue Rollenaufteilung. Bisher hat die Polizei die Kennzeichen ausgegeben und ggf. das Fahrrad in Augenschein genommen, um es auf seine Verkehrstauglichkeit hin zu prüfen; in der Praxis in erster Linie die Bremsen und die Beleuchtung. Anschliessend waren die Radfahrer für die Montage der Schilder am Velo zuständig. Aus der Verordnung geht jedoch nicht hervor, dass es sich bei den neuen unnummerierten Kennzeichen um die bisher in der Schweiz völlig unbekannte Banderole handelt. Doch diese hat im wahrsten Sinne des Wortes einen Haken. Da normale Durchschnittsbürger für deren korrekte Anbringung eine Gebrauchsanweisung benötigt hätten und ausserdem das Kennzeichen bei falscher Handhabung unbrauchbar, d.h. ungültig wird, muss dieses Wunderwerk der Technik nun von der Polizei höchstpersönlich am Fahrrad angebracht werden. Man kann sich unschwer vorstellen, wie diese arbeitsbeschaffende Neuerung bei den zuständigen Polizeibeamten angekommen ist. Die Anbringung der Banderole am Fahrrad wird auch in anderen Kantonen, wie z.B.in Basel-Land der Polizei übertragen.

Ausserdem wird mit dieser Verordnung [DOKUMENT] nun auch im Kanton Basel-Stadt die Haftpflichtversicherung für Radfahrer auf kantonaler Ebene obligatorisch eingeführt. Aus dem zweiten Teil der Formulierung wird klar, dass die Banderolen zwar keine Nummerierung mehr haben, doch um nachweisen zu können, welche Personen mit dem Bezug des Kennzeichens eine Haftpflichtversicherung abgeschlossen haben, führt die Polizei ein Verzeichnis dieser Radfahrer. D.h. Anonymität, wie man sie im Bundesgesetzt vermuten könnte, entsteht auch mit der neuen Verordnung in Basel-Stadt nicht.

Trotz dieser Verordnung der «unnummerierten Kennzeichen» wird auch der Kanton Basel-Stadt ab 1939 wieder nummerierte Fahrradkennzeichen ausgeben.

Mehr Informationen finden Sie im Schweizer Velonummern Museum: Geschichte der Schweizer Fahrradkennzeichen