1940 LU Streit um die Deutungshoheit wirkt absurd und beschämend

1940 LU Streit um die Deutungshoheit wirkt absurd und beschämend

 

Gemäss Handnotiz des Militär- & Polizeidepartements des Kantons Luzern wird der Vorschlag des Schweizerischen Radfahrer- und Motorfahrerbunds SRB vom am 20. September 1940 bereits am 21. September 1940 zum Bericht an das Amt für Automobilwesen weitergeleitet.

Wir erinnern uns. Der Kanton Luzern war einer der wenigen Kantone, welche die Nummerierung der Fahrradkennzeichen nach dem Inkrafttreten des «Verbots» im Bundesgesetztes per 1. Januar 1933 ohne Unterbruch weiterführt. Deshalb ist die am 24. September 1940, aus Sicht des Kantons Luzern, durch das Amt für Automobilwesen verfasste Zusammenfassung der Ereignisse besonders interessant.

Die Schilderungen aus Luzern machen stellvertretend für alle anderen Kantone deutlich, wie sich das Vakuum, welches im Bereich der Velonummern mit dem Bundesgesetz geschaffen wurde, bereits seit 1932 zunehmend zu einem schweizweiten Streit um dessen Deutungshoheit ausweitet. Diese wird vom Eidgenössischen Justiz- und Polizeidepartement EJPD, von den Kantonen, den Radfahrerverbänden und einigen Politikern beansprucht. Dabei besteht (bis zum Vorschlag des SRB) zwischen dem EJPD und den Verbänden eine unheilige Allianz gegen die Kantone. Allerdings haben die Kantone den Vollzug in der Hand und diesen Trumpf spielen sie unbeirrt aus. Der Konflikt nimmt Dimensionen an, die sich während der Entstehung des Gesetzes wohl kaum jemand hätte vorstellen können. Von der konsequenten Weiterführung dieses inzwischen absurden Kampfes, lässt sich auch durch den Krieg der inzwischen in Europa tobt scheinbar niemand abhalten [DOKUMENT].

Nun wandeln sich die Züge unseres Dramas, zumindest aus heutiger Sicht, ins Absurde und Beschämende. Was folgt ist einerseits ein Musterbeispiel wie man übergeordnete Instanzen nachhaltig ausbremsen kann, wenn man die richtigen Hebel in der Hand hat. Andererseits bekommen wir eine immer klarere Vorstellung davon, welches Menschenbild Gottfried Keller vor seinem geistigen Auge gehabt haben muss, als er den Leuten von Seldwyla einen Platz in der Weltliteratur geschaffen hat.

Die Zusammenfassung dieses Dramas finden Sie hier: Geschichte der Schweizer Fahrradkennzeichen