1984 Nationalrat überweist Postulat zur Abschaffung Velonummern
1984 Nationalrat überweist Postulat zur Abschaffung Velonummern
Noch bevor der Vorstand der Vereinigung der Strassenverkehrsämter VSA am 29. Januar 1985 eine Arbeitsgruppe «Verzicht auf jährliche Abgabe und Erneuerung Fahrradkennzeichen» einsetzt, reicht Nationalrat Kurt Schüle (FDP Schaffhausen) am 13. Dezember 1984 ein Postulat ein, mit welchem er den Bundesrat bittet zu prüfen, ob die Velonummern abgeschafft werden können:
84.924 – Postulat. Fahrradkennzeichen. Verzicht
Der Bundesrat wird eingeladen, eine Änderung des Strassenverkehrsgesetzes zu prüfen und vorzuschlagen mit dem Ziel, die Bestimmungen über die Fahrräder zu vereinfachen. Insbesondere soll auf das jährliche Fahrradkennzeichen gemäss Artikel 18 SVG verzichtet werden. Zu prüfen wäre gleichzeitig die Frage, ob auf das bundesrechtliche Obligatorium einer Haftpflichtversicherung für Radfahrer verzichtet werden kann.
Schüle begründet seinen Vorstoss mit vier Argumenten:
- Abbau von unnötiger und kaum kostendeckender Bürokratie.
- Förderung des umweltfreundlichen Fahrradverkehrs durch Wegfall der Gebühren.
- Verzicht auf Überversicherung durch staatliche und private Haftpflichtversicherung.
- Jährliche Einsparung von 26 Tonnen Aluminium (Umwelt- und Energiesparpostulat).
Seine schriftliche Begründung unterlegt Schüle im Nationalrat mit zwei Berechnungen:
- Einerseits versucht er aufzuzeigen, dass die für die Durchführung zuständigen Behörden mit den Einnahmen aus den Fahrradkennzeichen-Gebühren nicht kostendeckend arbeiten können: «Diese Bundesregelung führt zu einer sehr aufwendigen Administration, die kaum kostendeckend abgewickelt werden kann. Für ein jährliches Nummernschild verlangen die Kantone heute meist zwischen 8 und 10 Franken, wovon etwa die Hälfte auf die Haftpflichtprämie entfällt. Aus den verbliebenen 4 bis 5 Franken haben die Kantone die Kosten des Aluminiumschildes und ihrer ganzen Administration zu decken.»
- Andererseits leitet er her, wieviel Aluminium jedes Jahr für die Herstellung der Velonummern benötigt wird: «Ein einziges Fahrradkennzeichen wiegt rund 12 Gramm. In der Schweiz werden jährlich über 26 Tonnen wertvolles Aluminium für die jährlichen Velonummern verwendet, wobei dieses energieträchtige Metall in aller Regel nicht dem Recycling zugeführt werden kann. Der Verzicht auf die jährliche Velonummer wäre damit ein konkretes, mit einer Einsparung von 26 Tonnen Aluminium pro Jahr verbundenes Umwelt- und Energiesparpostulat».
Ausserdem schlägt er zur künftigen Identifikation verlorengegangener oder gestohlener Fahrräder vor: «Allenfalls wäre auch denkbar, dass ein einziges, permanentes Fahrradkennzeichen abgegeben wird, so wie das bei den Fahrrädern des Bundes bereits heute der Fall ist.»
Sein Postulat wird von 23 weiteren Nationalräten mitunterzeichnet. Am 20. Februar 1985 erklärt der Bundesrat, dass er bereit ist das Postulat anzunehmen. In seiner Sitzung vom 22. März 1985 nimmt die grosse Kammer das Postulat an [LINK].
Überraschend an diesem Postulat ist, dass es von der FDP kommt. Seit über 80 Jahren kommen die Vorstösse zur Abschaffung der Fahrradgebühren und damit der Velonummer entweder von den Fahrradverbänden oder von Parteimitgliedern links der Mitte. Begründet wurde die Abschaffung bisher in der Regel damit, dass das Velo für die Normalbürger und ihre Mobilität das wichtigste Verkehrsmittel ist. Somit sei die Fahrradgebühr unsozial, da sie vor allem die finanziell schwächeren Haushalte belastet.
Damit laufen nun parallel zwei Initiativen zur Abschaffung der Velonummer. Auf Ebene der Legislative, mit dem Postulat Schüle sowie auf Ebene der Exekutive durch die Abklärung der Vereinigung der Strassenverkehrsämter VSA. Die Wahrscheinlichkeit ist gross, dass die eine Gewalt zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel von den Bemühungen der anderen weiss. Man darf also gespannt sein, wann und wie diese Kräfte aufeinandertreffen. Allerdings passiert vorerst einmal ziemlich lange gar nichts.
Mehr Informationen finden Sie im Schweizer Velonummern Museum: Geschichte der Schweizer Fahrradkennzeichen